Glücksspieler Gott
Die Quantenwelt wird von Wahrscheinlichkeiten regiert: Mit der Quantentheorie lässt sich berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Messung ein bestimmtes Ergebnis ergeben würde.
Wer auf Nummer sicher gehen will, liegt mit der Quantentheorie falsch. Mit ihr lassen sich keine eindeutigen Vorhersagen über die exakten Eigenschaften von Quanten berechnen. Sie liefert allerhöchstens Wahrscheinlichkeiten für verschiedene mögliche Ergebnisse einer Messung. Was Sie dann messen werden, kann Ihnen niemand mit Sicherheit sagen; vielleicht noch nicht einmal die Natur oder Gott, weil sie so mit dem Auswürfeln der Ergebnisse beschäftigt sind.
Nehmen wir ein Elektron, das sie gerade noch am Hamburger Rathaus aufspürten. Sie könnten sich jetzt fragen, ob es vielleicht heute um Mitternacht an der Autobahnausfahrt Frechen zu finden ist. Die Antwort der Quantentheorie lautet hier weder „Ja“ noch „Nein“, sondern beispielsweise 0,01, was einer Wahrscheinlichkeit von einem Prozent entspricht. In einem von hundert Fällen würden Sie also das Elektron finden, in 99 anderen gingen Sie leer aus.
Oder nehmen wir die Polarisation eines Photons, also seine Schwingungsrichtung. Man kann diese Polarisation mit Hilfe eines Experimentes messen. Dabei wählt man sich eine Polarisationsrichtung aus, gegen die man messen will. Das Ergebnis ist Eins oder Null. Entweder ist das Teilchen in diese Richtung polarisiert oder nicht. Es gibt nun Fälle, in denen wir überhaupt keine Ahnung haben, wie eine Messung ausgehen wird: Für Eins und Null gibt es dann eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent.
Oder nehmen wir den Zerfall von Teilchen. Prallen hochenergetische Teilchen aus dem Universum auf unsere Atmosphäre, so können sich so genannte positive Kaonen bilden. Diese werden nach kurzer Zeit in eine von fast 30 Teilchenkombinationen zerfallen. Viele Physiker verbrachten einen Großteil ihrer Zeit damit herauszufinden, mit welcher Häufigkeit die einzelnen Kombinationen auftreten. Das heißt, sie messen und berechnen die einzelnen Wahrscheinlichkeiten. So zerfallen gut 63 Prozent der Kaonen in Anti-Myonen, über 21 Prozent in ein positives und neutrales Pion und so weiter. Wenn Sie jedoch einen Physiker fragen, in was ein bestimmtes Kaon zerfallen wird, zum Beispiel jenes, auf das Sie gerade mit dem Finger zeigen, werden Sie Schulterzucken ernten. Nicht weil der Wissenschaftler zu blöd ist, sondern weil es die Natur selbst noch nicht weiß.