Chaotisches Unwissen
Auch ohne Quantentheorie täuscht die Hoffnung auf Allwissenheit. Den Grund liefert die Chaostheorie.
Die Chaostheorie besagt, dass es sehr kompliziert werden kann, das Verhalten von vielen Teilchen zu bestimmen, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Solche Systeme tragen den bezeichnenden Namen „komplex“.
Komplexe Systeme sind empfindlich: In ihnen kann jedes noch so kleine Unwissen über den jetzigen Zustand einen beliebig großen Einfluss auf den Zustand des Systems zu einem späteren Zeitpunkt haben. Eine Vorhersage über den Weltenlauf könnte einen friedlichen Tag prophezeien. Doch ein unberücksichtiger Flügelschlag eines Schmetterlings in Indien letzte Woche löst dann leider einen Tornado aus, der in Europa zu einem Börsen-Crash führt.
Aus der Empfindlichkeit komplexer Systeme kann man aber nicht den Schluss ziehen, hier spiele der Zufall mit: In der Wettervorhersage geht man von der Bestimmtheit der Welt aus. Man misst Luftdrücke und Temperaturen in immer feinerem Maßstab und berechnet eindeutig, wie sich diese Werte entwickeln müssten. Es handelt sich um ein determiniertes (bestimmtes) Chaos, denn das Verhalten der Welt noch eindeutig durch die physikalischen Gesetze bestimmt.
Anders in der Quantentheorie. Danach sind wir selbst bei einem einzelnen Elektron nicht in der Lage, alles über dieses Teilchen zu wissen: zum Beispiel Ort und Geschwindigkeit zugleich. Je genauer wir die eine Größe kennen, umso größer ist die Spielbreite bei der Messung des anderen.
Das Mysteriöse ist nun, wie die beiden Welten zusammenpassen. In der Quantenwelt scheint der Zufall zu regieren, in unserer Welt scheint hingegen alles bestimmt zu sein: Ein Glas Milch fällt mit Sicherheit zu Boden, wenn man es fallen lässt, dabei besteht es doch aus Elektronen, von denen wir nicht mehr alles wissen können. Bei der Beantwortung dieser Fragen macht die Forschung erst allmählich Fortschritte.