Doppelt beschleunigen knallt besser
In so genannten Kollisionsexperimenten werden zwei Teilchen getrennt beschleunigt und gegeneinander geschossen. Dabei werden weit höhere Energien frei, als wenn man ein beschleunigtes Teilchen auf ein ruhendes schießt: Doppelt beschleunigen knallt besser.
Es gilt, die folgende Nuss zu knacken: eine Walnuss an einem Bindfaden hängend. Zum Öffnen stehen zwei Hämmer zur Verfügung. Welche Versuchsanordnung führt wohl eher zum Ziel?
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Sie hauen mit beiden Hämmern von derselben Seite gegen die Nuss.
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Sie schlagen gleichzeitig von zwei entgegengesetzten Richtungen dagegen.
Im ersten Fall werden Sie der Nuss wahrscheinlich nur einen gewaltigen Schubs verpassen. Denn ein großer Teil der Energie, der in den Hämmern steckte, wird zur Beschleunigung der Nuss verwendet.
Dies wird bei der zweiten Versuchsanordnung nicht geschehen. Hier kann die Energie der Hämmer nicht in Bewegungsenergie der Walnuss entfliehen. Sie steht ganz der Nuss-Zertrümmerung zur Verfügung.
Der Grund für den unterschiedlichen Ausgang der beiden Experimente liegt in der Erhaltung des Impulses. Danach entspricht der Gesamtimpuls eines Systems vor einem Stoß immer dem Impuls nach dem Stoß.
Im ersten Fall ist der Gesamtimpuls größer als Null. Hämmer und Nuss müssen daher auch nach dem Stoß einen Impuls haben: Ein Großteil der Energie bleibt daher als Bewegungsenergie erhalten.
Im zweiten Fall ist der Gesamtimpuls vor und nach dem Stoß Null. Die Hämmer kommen nach dem Stoß zur Ruhe und es geht keine Zertrümmerungsenergie in Form von Bewegungsenergie verloren.
Auch in der Teilchenphysik gibt es die beiden Hammermethoden:
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Man kann ein Teilchen auf ein ruhendes Ziel beschleunigen. (In diesem Fall sprechen Physiker von einem Fixed-Target-Experiment.)
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Oder man nimmt zwei Teilchen, beschleunigt beide und lässt sie frontal aufeinander stoßen. (Der Fachterminus hier: Kollisionsexperiment.)
Der Vorteil von Kollisionsexperimenten: Es geht keine Energie für die Beschleunigung des ruhenden Ziels verloren. Das Treffen wird aber schwieriger. Das wird Ihnen schnell klar, wenn Sie einmal versuchen, mit einem Elektron auf ein anderes zu zielen. Bei Experimenten mit festem Ziel hingegen kann man einfach einen Block mit Materie hinstellen und berechtigt hoffen, dass man schon irgendetwas treffen wird.
Prallen zwei Teilchen mit jeweils einer Energie E0 aufeinander, so steht die volle doppelte Energie 2E0 zur Verfügung:
Um zu berechnen, wie die Sache aussieht, wenn eines der Teilchen mit Masse m ruht, muss man die Relativitätstheorie um Rat fragen. Das soll hier nicht geschehen. Das Ergebnis sei aber dennoch verraten:
Wenn HERAs Elektronen mit einer Energie von 30 Milliarden Elektronenvolt auf HERAs Protonen mit einer Energie von 820 Milliarden Elektronenvolt geschossen werden, wird eine Energie von 314 Milliarden Elektronenvolt frei.
Wie hoch müsste die Energie der Elektronen sein, wenn die Protonen ruhten?
Aus der Gleichung:
ergibt sich mit der Masse fürs Proton (mProton = 938x106 eV) eine Energie der Elektronen von 53 Billionen Elektronenvolt. Dies liegt weit jenseits der heute erreichbaren Energien.