Ein kleiner Unterschied
Die Teilchenwelt ist in zwei Lager geteilt: Da gibt es Materie- und Wechselwirkungsteilchen, beide Arten unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt: dem so genannten Spin. Ein kleiner Unterschied mit großen Folgen.
Der Spin ist eine Eigenschaft von Teilchen, die aufs Engste mit dem Magnetfeld verknüpft ist, das die Teilchen umgibt. Als Quantengröße kann der Spin nicht beliebige Werte annehmen, das Magnetfeld kann nicht in beliebige Richtungen zeigen.
Will man die Spinrichtung eines Teilchens bestimmen, so kann man es ein äußeres Magnetfeld durchfliegen lassen und schauen, in welche Richtung es abgelenkt wird. Hier unterscheiden sich Materie- und Wechselwirkungsteilchen. Bei Materieteilchen sind nur zwei Einstellungen der Magnetfeldachse möglich: parallel oder entgegengesetzt zum äußeren Magnetfeld. Bei den schweren Wechselwirkungsteilchen gibt es drei Möglichkeiten. Teilchen mit einer geraden Anzahl von Möglichkeiten nennt man Fermionen, bei einer ungeraden Anzahl sprechen Physiker von Bosonen.
Gerade oder ungerade – dieser Unterschied scheint gering; er führt jedoch zu einem völlig anderen Verhalten von Materie- oder Wechselwirkungsteilchen, wenn mehrere von ihnen aufeinandertreffen. So können Materieteilchen im Gegensatz zu Wechselwirkungsteilchen nicht im selben Zustand verweilen. Das ist auch gut so: Denn daraus folgt, dass die Elektronen eines Atoms nicht gleichzeitig im Zustand niedrigster Energie verharren können, sondern sich in fein säuberlich geordneten Energiestufen um den Kern befinden. Ohne dieses Prinzip würden die Elektronen in den Atomen alle auf die niedrigste Energieebene fallen. Die Chemie einer solchen Welt hätte mit der unsrigen nichts gemein. Für Wechselwirkungsteilchen (Bosonen) gilt diese Einschränkung nicht, sie können sich zusammenzuklumpen.
Die Supersymmetrie vereint nun die ungleichen Brüder, sie hebt die Trennung der Welt in Materie- und Wechselwirkungsteilchen auf. Jedoch zu einem nicht geringen Preis: Die Zahl der Teilchen würde sich verdoppeln.
Gesehen hat man von dieser zweiten Hälfte noch nichts, auch wenn intensiv danach Ausschau gehalten wird.
Den Spin eines Teilchens gibt man in halbzahligen oder ganzzahligen Vielfachen des Planckschen Wirkungsquantums h an:
0 h/(2π), 1/2 h/(2π), 1 h/(2π), 3/2 h/(2π) usw.
Materieteilchen wie Elektronen und Quarks haben einen Spin von 1/2 h/(2π). Sie heißen Fermionen. Die Wechselwirkungsteilchen des Standard-Modell – die Photonen, Ws, Zs und Gluonen – haben einen Spin von 1 h/(2π). Solche Teilchen nennt man Bosonen.