Streu-Experiment I: Um die Ecke geschaut
Der Weg zur Erkenntnis führt in der modernen Physik über das Streu-Experiment. Das ist der Fachausdruck der Physiker, wenn sie Dinge aufeinander werfen und schauen, was hinten herauskommt.
Streuung gibt’s überall. Zum Beweis laden wir Sie zu einem kleinen Spaziergang ein: Was passiert eigentlich, bevor Sie an einem sonnenverwöhnten Frühlingsmorgen einen Marienkäfer erspähen? Es beginnt rund 150 Millionen Kilometer entfernt in der Sonne, wo sich Licht in Form eines Photons zielstrebig aufmacht zu einem Planeten mit Namen Erde.
Nach rund acht Minuten Reisezeit von der Sonne zur Erde prallt das Lichtteilchen auf einen Marienkäfer und wird verschluckt. Doch dieses jähe Ende ist Beginn: Neue Photonen mit der Farbe Rot entstehen. Einige dieser Photonen treffen auf Ihre Netzhaut und werden dort zu elektrischen Signalen. Andere Photonen verfehlen den Marienkäfer, treffen ein Blatt, werden dabei ganz grün und zu anderen Signalen. Die unterschiedlichen Farben und das ausgefeilte Multimedia-Betriebssystem Ihres Gehirns ermöglichen Ihnen dann, Marienkäfer von Blättern zu unterscheiden.
Direkt nehmen Sie den Marienkäfer nicht wahr. Sie brauchen Hilfe durch Photonen, um von seiner Existenz zu erfahren: Sie müssen um die Ecke schauen. Das ist das Prinzip der Streuung. Es funktioniert an einem sonnenverwöhnten Frühlingsmorgen ebenso wie in den Detektoren moderner Physikexperimente.