Teilchen mit MINERVA identifizieren

Um die in den Ereignisbildern angezeigten Proton-Proton-Kollisionen auswerten zu können, solltest Du wissen, wie Du Elektronen (respektive Positronen), Myonen (Antimyonen), Neutrinos, hadronische Teilchen bzw. Jets im Event Display identifizieren kannst. Die Erläuterungen dazu findest Du auf dieser Seite, wiederum in Form einer Bildergalerie.



  • Diese Signatur stammt von einem Elektron bzw. Positron. Das Teilchen hinterließ eine Spur (rot) im inneren Detektor (ist also Träger einer elektrischen Ladung) und gab seine gesamte Energie im elektromagnetischen Kalorimeter ab, da lediglich Einträge in diesem zu finden sind. Dies erkennt man an den gelben Kästchen, die in den hellgrünen Strukturen liegen. Die hellgrünen Strukturen repräsentieren das elektromagnetische Kalorimeter. Da es keine Einträge im hadronischen Kalorimeter oder den Myonkammern gibt, handelt es sich um ein Elektron oder Positron.
  • Das gleiche Ereignis in der Querschnittsansicht. Gut erkennbar ist die Spur durch alle drei inneren Detektoren und die gelben Kalorimetereinträge im elektromagnetischen Kalorimeter.
  • Die Seitenansicht zeigt das Gleiche. Kombinierst Du Querschnitts- und Seitenansicht bekommst Du einen räumlichen Eindruck des Ereignisses. Dies ist ein gutes Kopftraining.
  • Wie kannst Du entscheiden, ob es sich um ein Elektron oder Positron handelt? In der Werkzeugleiste von MINERVA findest Du eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger (roter Rahmen). Durch Anklicken dieser Option kannst Du in den Ereignisansichten die Teilchenspuren (wiederum durch Anklicken) auswählen. Dadurch erhältst Du zusätzliche Informationen im unteren Teil des Steuerfensters (ATLAS GUI). Im nächsten Bild siehst Du die Informationen des Fensters.
  • Dies ist die Infobox für die ausgewählte Spur. Die ersten drei Variablen geben den transversalen Impuls (pT), die Pseudorapidität η und den azimuthalen Winkel φ an. Die Variablen η und φ beschreiben die Flugrichtung des ausgewählten Teilchens. Das nächste Tripel (Px, Py, Pz) repräsentiert die gleiche Information nur in kartesischen Koordinaten. Die nächste Zeile beinhaltet die Information über die elektrische Ladung (Charge: hier Minus Eins). Sie gibt Dir die Art der elektrischen Ladung des zur Spur gehörenden Teilchens an. "-1" bedeutet: Das Teilchen ist elektrisch negativ geladen. "1" bedeutet: Das Teilchen ist elektrisch positiv geladen. Für unser Ereignis können wir nun feststellen, dass es sich um ein Elektron handelt. Die letzte Variable gibt Auskunft über die Isolation. Es ist ein Maß dafür wie gut die gewählte Spur vom Rest des Ereignisses isoliert ist. Ein Wert von 0 bedeutet, dass sich keine anderen Spuren in der Nähe der gewählten Spur befinden und dass sie sehr gut isoliert ist. Übliche Werte für gut isolierte Spuren reichen von 0 bis 0.3.


  • In diesem Ereignisbild sind eine Spur (orange) im inneren Detektor, kleine Energieeinträge sowohl im elektromagnetischen als auch im hadronischen Kalorimeter (gelbe Zelleinträge) sowie kleine Spuren in den Myonkammern (orange) zu sehen. Es handelt sich um ein Myon (respektive um ein Antimyon), das einzige Teilchen, das den gesamten Detektor durchdringt und dabei Signale in allen Schichten hinterlässt.
  • In dieser vergrößerten Querschnittsansicht kannst Du die orangen Spuren durch die Myonkammern noch einmal deutlich sehen.
  • In der Seitenansicht sind die einzelnen Kammereinträge durch orange Kreuze dargestellt. Alle Kreuzeinträge innerhalb einer Kammer sind durch eine orange Linie verbunden, welche die Spur des Myons symbolisiert. Verbindet man alle orangenen Spuren gedanklich, zeigt sich der Weg des Myons durch die äußeren Bereiche des ATLAS-Detektors.
  • Myon oder Antimyon? Das gleiche wie beim Elektron/Positron beschriebene Verfahren liefert das Ergebnis: In diesem Ereignisbild ist ein Myon dargestellt (Charge = -1).


  • Woran erkennt man ein Neutrino? Neutrinos wechselwirken mit keiner einzigen Komponente des ATLAS-Detektors, weder im Spurdetektor, noch mit den Kalorimetern oder den Myonkammern. Wie kann man also etwas nachweisen, das man nicht sieht? Da sich vor der Proton-Proton-Kollision alle Quarks und Gluonen in den Protonen entlang der Strahlachse bewegen, sind alle ihre Geschwindigkeitskomponenten senkrecht zum Strahl und damit auch der sogenannte transversale Gesamtimpuls Null. Aus der Impulserhaltung folgt, dass der transversale Gesamtimpuls, also die vektorielle Summe der transversalen Impulse aller entstandenen Teilchen, nach der Kollision ebenfalls 0 sein muss. Wenn die Messung dem widerspricht, müssen in der Kollision für den Detektor unsichtbare Teilchen entstanden sein, z.B. ein oder mehrere Neutrinos, die genau diesen fehlenden transversalen Impuls besitzen.
  • Im ATLAS-Detektor wird der fehlende transversale Impuls über die im Kalorimeter deponierte Energie bestimmt. Gibt es ein Ungleichgewicht in dieser Energieverteilung - fehlender transversaler Impuls (Missing ET) genannt - deutet das auf ein in der Kollision entstandenes Neutrino hin. In MINERVA wird dies auf zwei Arten veranschaulicht: durch den Missing ET-Wert im grau umrandeten Kasten der rechten oberen Ereignisansicht und durch die gestrichelte rote Linie in der Querschnittsansicht. Diese Linie verdeutlicht zum einen die Richtung des Energieungleichgewichts, zum anderen ist ihre Breite ein Maß für den Wert der fehlenden transversalen Impuls.
  • In diesem Ereignis sind fast ausschließlich ein Elektron und ein Neutrino entstanden. Da quasi nur diese beiden Teilchen erzeugt wurden, teilt sich wegen der Impulserhaltung der transversale Gesamtimpuls auf diese beiden Teilchen auf. Deshalb fliegt das Neutrino mit seinem Anteil am transversalen Impuls nahezu entgegengesetzt zur transversalen Flugrichtung des Elektrons weg. Der zugehörige fehlende Impuls ist im Ereignisbild eingezeichnet. Eine dicke rot gestrichelte Linie verdeutlicht also stets das Vorhandensein einer oder mehrerer unsichtbarer Teilchen, wie z.B. Neutrinos. Kleinere fehlende transversale Impulse bis ca. 10-20 GeV (dünne rot gestrichelte Linie) können aber auch durch Messungenauigkeiten des Detektors entstehen.


  • In diesem Ereignisbild sind sogenannte Jets dargestellt. Jeder einzelne Jet besteht aus einem Bündel von mehreren Teilchenspuren, die am Kollisionspunkt entspringen und zu Kalorimetereinträgen - insbesondere auch im hadronischen Kalorimeter - führen. Jeder Jet ist das Resultat von Gluonen, Quarks oder Antiquarks, die bei der Kollision aus dem Proton geschleudert werden. Dabei sind große Energiemengen zur Überwindung der riesigen Bindungskräfte im Spiel. Aus einem Teil dieser Energie entstehen neue Quark-Antiquark-Paare, die in annäherend der gleichen Richtung fliegen, und sich miteinander zu neuen Teilchen, sogenannten Hadronen, binden - diese Hadronen erzeugen die dargestellten Jets, hier zur Verdeutlichung grau unterlegt.
  • Merke: Sich auffächernde Spuren mit zugehörigen Kalorimetereinträgen im elektromagnetischen und im hadronischen Kalorimeter sind auf Quarks, Antiquarks oder Gluonen zurückzuführen und werden Jet genannt.